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Fünf Szenarien für die Zukunft der Banken
06.02.2012 Deutsche Banken und Sparkassen sind online aktiv, doch fungiert das Internet für sie überwiegend als Vertriebs-Tool. Dabei wird das Internet mehr verändern als die in Geldautomaten installierte Software. Wie viel, das hängt vor allem von einer Sache ab.


SEO und SEA ist gelernt
Gelernt sind bei Banken mittlerweile die Felder SEO und SEA - auch wenn es dort starke Unterschiede gibt, wie eine Analyse von Xamine
ergibt, die der Analytics-Anbieter regelmäßig exklusiv für iBusiness erhebt. Abgefragt werden die Positionen im SEO- und SEA- Ranking auf Google (Platzierung entspricht der Achsenposition), sowie die Wahrscheinlichkeit, bei einem eingegebenen Suchbegriff auf der ersten Ergebnisseite zu erscheinen (Ausfüllungsgrad des Kreises) und die Position der Suchwortanzeige (Farbe des Kreises). Comdirect
und Ing-Diba
schalten danach viele Suchwörter; Comdirect, Targobank
, Sparkasse
und Immobilienscout24
geben entweder viel Geld für ihre Suchanzeigenpositionierung aus - oder haben einen hohen Quality-Score.
Im Social Web tapsen die Banken noch ungeübt herum
76 Prozent der Banken planen, sich kurz- oder mittelfristig in den sozialen Online-Netzwerken zu engagieren. 2010 hatte erst jedes zweite Institut konkrete Pläne, auf den Social-Media-Trend zu reagieren. Das wachsende Interesse ist dabei eng mit dem strategischen Kundenmanagement verknüpft. So erwarten die Entscheider in der Branche beispielsweise, dass die Kundenzufriedenheit in den kommenden vier Jahren entscheidend von der Social-Media-Kommunikation via Facebook
, Twitter
oder Youtube
beeinflusst wird.
Social-Media-Portale und mobile Anwendungen rücken in den nächsten Jahren mit ihrem Einfluss auf die Kundenzufriedenheit ein gutes Stück dichter an die klassischen Internetauftritte der Banken heran. Den größten Sprung unter den neuen Kontaktwegen trauen die Experten zunächst den Smartphone-Apps zu.
Rund 70 Prozent der Bank-Experten rechnen bis 2015 mit einem starken Einfluss auf die Kundenbeziehung. Das ist ein Zuwachs von 25 Prozentpunkten im Vergleich zu heute. Facebook-Profile werden in den kommenden vier Jahren ebenfalls ein bedeutsamer Imagefaktor sein - davon gehen knapp 60 Prozent der Entscheider aus.
Das bedeutet ein Plus von 21 Prozentpunkten im Vergleich zu 2011. Die etablierten Webseiten der Banken und das Onlinebanking werden parallel dazu ihre bereits starke Position für die Kommunikation und den Einfluss auf die Kundenzufriedenheit weiter ausbauen.
Jeweils 80 Prozent schreiben diesen Kanälen bis 2015 einen erheblichen Einfluss auf das Kundenverhältnis zu. Der wachsende Einfluss von Social Media und Smartphone-Apps auf die Kundenzufriedenheit lässt sich für das gesamte Produktportfolio nutzen - davon sind 80 Prozent der Entscheider überzeugt.
Doch bislang ist der Social-Media-Einfluss der Banken eher überschaubar, das belegen die Zahlen, wenn es um die Kommunikationsdichte geht. Der Engagement-Level im Social Web ist bei den meisten Banken eher am unteren Ende einer Effektivitätsskala. Lediglich die Genossenschaftsbanken und die Internet-Bank Fidor
sind hier etwas erfolgreicher.
Google will auch Bank werden
Dabei läuft den Banken strategisch die Zeit davon. So besitzt Google über die in der Londoner Buckingham Palace Road ansässige Google Payment Limited

Wirtschaftswissenschaftler George Dyson

Das Problem der Nicht-Banken verschärft sich, weil in Zeiten von Eurokrise und drohender Rezession die Ertragskraft der Banken nur drei Jahre nach der letzten globalen Finanzkrise erneut unter Druck steht und die Branche sich deshalb auf ein traditionelles, vermeintlich konservatives Geschäftsfeld besinnt: Das Transaction Banking. Viele Banken bauen ihre Stellung in dem derzeit rund 100 Milliarden Euro großen Wachstumsmarkt systematisch aus, so die Studie der Managementberatung Bain & Company
. Besonders hier sieht die Studie einen wachsenden Wettbewerbsdruck durch Nicht-Banken entstehen: Dienstleister wie Paypal
bieten mittlerweile internationale Geldtransfers ohne Einschaltung einer Bank. IT-Anbieter wie SAP
und Oracle
erweitern ihr Leistungsspektrum um Treasury-Funktionen. "Die unangefochtene Stellung einer Hausbank im Firmenkundengeschäft ist bedroht. Banken müssen daher dringend ihre Positionierung und strategische Ausrichtung überprüfen", warnen die Studienautoren. Ihr Fazit: Institute müssen in Kunden, Regionen und IT investieren. Eine Positionierung als globaler Anbieter ist nur für wenige Institute möglich. Das Gros der Banken sollte sich deshalb auf seine Stärken in den angestammten Märkten konzentrieren und dort die eigene Marktstellung festigen und ausbauen, um so zu einem lokalen Champion zu werden.
Was ist eigentlich der Kern einer Bank?
Um herauszufinden, welche strategischen Optionen ein Bankhaus überhaupt hat, muss man erst einmal einen Schritt zurück gehen. Und die Frage beantworten, was eigentlich das Alleinstellungsmerkmal einer Bank ist. Was die Bank im Kern ausmacht. Hier kann man zu mehreren Ergebnissen kommen:- Das Geld: Die Bilanzsumme oder das Geld, das ein Bankhaus verleihen kann
- Das Haus: Ein möglichst großer Geldtempel oder möglichst viele Filialen
- Die Marke: Der global, national oder regional verankerte Brand
- Die Services wie Tagesgeld, Kreditvergabe, Investment oder Brokerage
Doch bei genauerer Betrachtung sind all diese Funktionen austauschbar, lässlich und/oder vergänglich: So verleiht die Bank 'Google' kein Geld, Direktbanken verfügen nicht über Filialen und Bankmarken können auch kurzfristig drastisch an Zugkraft verlieren - siehe Commerzbank




Bei den Services sieht es nicht besser aus:
- Tagesgeld wird längst über Konsumenten-Spotmarktbörsen vertrieben. Dienste wie Check24
bieten detaillierten Konditionenvergleich, sodass Renditen für Banken gegen Null tendieren und größtmögliche Austauschbarkeit gegeben ist.
- Kreditvergabe ist ebenfalls kein Alleinstellungsmerkmal einer Bank mehr. Soziale Netze wie Kiva
sammeln genau wie Banken Kleinst-Beiträge von Individuen ein und reichen sie an Kreditinteressierte weiter - nur dass hier die Einlagengeber sich aussuchen können, wem sie einen Kredit geben.
- Investment verlagert sich ebenfalls in Richtung Internet. Dienstleister wie Inkubato
sammeln für Projekte und Unternehmen per sozialem Netzwerk Geld ein, mit dem (gegenwärtig überwiegend soziale und kommunikative) Projekte gestartet werden können.
- Anlageberatung kann ebenfalls bereits per sozialem Netzwerk erfolgen. Portale wie Sharewise
aggregieren das Anlageverhalten von tausenden von Kleinstinvestoren und aggregieren das in Echtzeit zusammen mit einem Bewertungssystem zu Aktienempfehlungen.
Gleichzeitig beeinflussen die Megatrends der Jahre 2020ff die Strategie der Banken:
- Granularisierung: Alles wird kleinteiliger, der Megatrend Partizipation verwandelt Anbietermärkte in Nachfrager-Märkte, Kunden emanzipieren sich.
- No Device: Das Endgerät verschwindet, Agenten übernehmen mechanische Entscheidungsprozesse.
- Local: Alles wird lokaler, individuell gegebene Information erhält einen höheren Stellenwert.
Daraus lassen sich fünf Szenarien für die Zukunft von Banken ableiten, die mittel- und langfristig unterschiedlich wahrscheinlich sind:
Fünf Bank-Szenarien | |||||
---|---|---|---|---|---|
Szenario | Was geschieht? | Wahrscheinlichkeit bis 2020 | Wahrscheinlichkeit nach 2020 | ||
1. | Banken verschwinden | Soziale Netze und Agenten übernehmen Dienstleistungen, die für Banken stehen. Über die Einlagesicherungssysteme fassen Konsumenten genügend Vertrauen, um ihren Hausbanken den Rücken zu kehren. | 10 Prozent | 25 Prozent | |
2. | Alles bleibt, wie es ist. | Keine Änderung an der Geschäftspolitik. Überflüssige Banken wie die Landesbanken werden von der Politik am Leben gehalten, insolvente Banken sind wahlweise "to big to fail" oder von regionalem Interesse. Einzig durch Übernahmen verschiebt sich der Markt | 15 Prozent | 5 Prozent | |
3. | Multichannel-Bank | Gleichberechtigter Zugang via Filiale, Web und Mobile steht im Fokus der Geldinstitute. Ansonsten erfolgt keine grundlegende Änderung im Angebot. Soziale Netze werden als Kommunikations- und Vertriebskanal etablierter Produkte genutzt. | 45 Prozent | 15 Prozent | |
4. | Spezialisierung | Bankverbünde operieren mit Spezial-Instituten, die nur passende Kanäle adressieren. Soziale Plattformen werden von Banken betrieben, die das Backend liefern. Anbieter wie Google oder Paypal spielen im Verbund mit Backend-Anbietern wachsende Nischenrollen. | 20 Prozent | 20 Prozent | |
5. | Filialen verschwinden | Analog der Versicherung übernehmen freie Bankberater den Löwenanteil. Für das Bank-Backend sind klassische Institute verantwortlich, sie treten aber nach außen nur noch als Brand in Erscheinung. Bankgebäude sind ähnlich häufig wie Versicherungsgebäude. | 10 Prozent | 35 Prozent |