Corona erhöht das Interesse an Telemedizin
03.11.2020 Die Digitalisierung ist auch in der medizinischen Beratung auf dem Vormarsch - beschleunigt durch die Corona-Krise. Immer mehr Menschen nutzen das Angebot,sich ärztlichen Rat am Telefon oder digital über das Internet zu holen.
"Die Rolle von Dr. Google spielt im Praxisalltag eine große Rolle", erklärt Professor Christoph U. Herborn , Medizinischer Direktor der Asklepios Kliniken Gruppe . "Bevor Patienten ihren Termin beim Facharzt bekommen, informieren sie sich im Internet." Wichtig sei dabei vor allem die Qualität der Informationen: "Die Entwicklung sehe ich grundsätzlich positiv", so Herborn. "Aber es kommt darauf an, seriöse Seiten einzurichten, die ein Qualitätssiegel tragen und Patienten zu ihren Symptomen schulmedizinisch und ohne Panikmache aufklären."
Insbesondere bei chronischen Erkrankungen scheint das Informationsbedürfnis groß zu sein. Mehr als ein Viertel derjenigen, die in den letzten zwölf Monaten telemedizinische Beratung in Anspruch nahmen, taten dies wegen einer chronischen Erkrankung (27 Prozent).
Einen Vorteil, sich auch in Zeiten von Corona digital Rat holen zu können, sehen 25 Prozent der Nutzer von Telemedizin: Sie nutzen die telemedizinische Beratung seit der Corona-Krise häufiger als zuvor. Und 64 Prozent der Nutzer einer Telemedizin-Beratung durch einen Arzt gaben an, dass sie sich auch nach dem Abklingen der Corona-Krise weiterhin telemedizinisch beraten lassen werden.
"Riesenchance" für Ärzte und Kliniken
Die digitale Telemedizin bietet auch Ärzten und Kliniken Vorteile. "Videosprechstunden sind für eine schnelle Beratung, für eine Verlaufsbeurteilung oder für eine Abklärung medizinischer Fragestellungen der bessere Weg als das normale Telefon", erklärt Professor Herborn. "Durch den physischen Eindruck bei einer Bettlägerigkeit wird die Einschätzung eines Allgemeinzustands durch das Kamerabild wesentlich unterstützt." Die steigende Nachfrage nach telemedizinischer Beratung in Folge der Corona-Pandemie sieht er positiv. "Es ist eine Riesenchance. Die Nutzung der letzten Monate hat gezeigt, dass es einen großen Bedarf gibt und dass diese Form der Interaktion auch angenommen wird. Ich bin sehr gespannt, ob wir auch in der Post-Corona-Zeit diese Nutzung in derselben Frequenz und Wachstumsgeschwindigkeit beobachten können."Medizinische Betreuung in ländlichen Regionen
Menschen, die in ländlichen Gegenden leben, bietet die Telemedizin viele Möglichkeiten, medizinisch betreut zu werden. "Das betrifft nicht nur die Beratung, sondern auch Möglichkeiten von E-Rezept oder logistischer Versorgung durch Apotheken", so Herborn. Bewährt hätten sich auch Gesundheits-Apps, weil sie das Monitoring von Patienten durch ihren Arzt möglich machten. Erhöhte Pulsfrequenz- oder Blutzuckerwerte führten dazu, dass Patienten sich an einen Arzt wenden, für eine erste Abklärung vielleicht auch digital. Das könne im Einzelfall sogar Leben retten.Mehrheit der Patienten bevorzugt den persönlichen Kontakt
Telemedizinische Angebote machen jedoch den persönlichen Kontakt zum Arzt nicht überflüssig: "Auch wenn die Videosprechstunde für die erste Abklärung eine große Hilfe ist, basiert die Diagnose wesentlich auf der körperlichen Untersuchung sowie ergänzenden Verfahren aus der Bildgebung, aus der Labormedizin und aus der Erfahrung der jeweiligen Fachärzte. Das wird uns das Internet niemals ersetzen können", schlussfolgert der Mediziner. Das scheinen Patienten genauso zu bewerten. 82 Prozent der Befragten, die sich eine telemedizinische Beratung nicht vorstellen können, bevorzugen den persönlichen Kontakt mit einem Arzt.Die BKK Mobil Oil kooperiert mit dem 2015 gegründeten Münchner Start-up TeleClinic , das auf die digitalisierte Beratung spezialisiert ist. Für Versicherte der Krankenkasse ist die Videosprechstunde kostenfrei. Laut eigenen Angaben wurden über 100.000 ärztliche Fernbehandlungen über die Telemedizin-Plattform bereits abgeschlossen.