Studie belegt: Deutschland weit von positiver Kultur des Scheiterns entfernt
28.08.2015 Die Deutschen sind Misserfolgen gegenüber durchaus tolerant - allerdings nicht unbedingt bei unternehmerischen Fehlschlägen. Zu diesem Ergebnis kommt die aktuelle Studie Gute Fehler, schlechte Fehler - wie tolerant ist Deutschland im Umgang mit gescheiterten Unternehmern von der Universität Hohenheim .
Auch ein höherer Bildungsstand macht die Menschen verständiger. Bundesbürger mit einem Abschluss einer Fach- bzw. Berufsakademie oder einem Fachhochschul- oder Hochschulabschluss sind deutlich toleranter gegenüber unternehmerischen Fehlschlägen als Bürger mit einer abgeschlossenen Lehre bzw. Berufsausbildung oder ohne Abschluss.
Der Beruf spielt ebenfalls eine wichtige Rolle bei der Beurteilung von Scheitern. Selbstständige sowie Schüler und Studenten zeigen das höchste Verständnis für unternehmerisches Scheitern, so die Studie. Demgegenüber habe nur rund die Hälfte der Angestellten eine positive Grundhaltung zu unternehmerischen Misserfolgen. Jeder zehnte Angestellte ist gar überwiegend negativ eingestellt.
Zweite Chance für gescheiterte Unternehmer gewünscht - aber lieber von den anderen
Mehrheitlich vertritt die deutsche Bevölkerung die Auffassung, dass gescheiterte Unternehmer eine zweite Chance verdient haben. Dabei sind über drei Viertel der deutschen Bevölkerung der Meinung, einem gescheiterten Unternehmer müsse eine zweite Chance eingeräumt werden. Insbesondere Selbstständige und Menschen, die in ihrem persönlichen oder beruflichen Umfeld jemanden kennen, der bereits unternehmerisch gescheitert ist, weisen dabei in der genaueren Betrachtung eine besonders positive Grundhaltung auf.Zwar haben die gescheiterten Unternehmer aus der Sicht der Deutschen eine zweite Chance verdient. Diese soll den Unternehmern aber lieber von anderen eingeräumt werden: Über 40 Prozent der Deutschen geben zu, dass sie beim Bestellen von Waren Vorbehalte gegenüber einem bereits gescheiterten Unternehmer hätten. "Die Deutschen müssen hier endlich Taten auf Worte folgen lassen und das gesellschaftlich und wirtschaftlich wichtige Engagement auch von gescheiterten Unternehmern anerkennen", kommentiert Studien-Autor Prof. Dr. Kuckertz diese Zahlen.
Neue Unternehmerkultur gefragt
Um den Gründergeist in der Bundesrepublik zu stärken, sollte sich laut den Initiatoren der Studie die Sichtweise jedes Einzelnen von vereinfachendem Schwarz-Weiß-Denken (Erfolg versus Scheitern) hin zu einem umfassenden Verständnis unternehmerischen Handelns (Ausprobieren, Versuchen, Wagen, Lernen, Testen) verändern. Das könne gerade dann gelingen, wenn insbesondere erfolgreiche Persönlichkeiten immer wieder in der Öffentlichkeit deutlich machen, wieviel vorangegangene Fehlschläge letztlich zu ihrem aktuellen Erfolg beigetragen haben.Die Studie: Für die Studie wurden 2.027 repräsentativ ausgewählte deutsche Bundesbürger im Alter von 18 bis 67 Jahren befragt. Die Teilnehmer entsprechen dabei nach Geschlecht, Alter und Herkunft (Bundesland) dem deutschen Bevölkerungsdurchschnitt.
Der Fragebogen berücksichtigt eine Reihe von demographischen Merkmalen, wie das jeweilige Geburtsjahr, die Herkunft des Befragten (Bundesland), das Haushaltsnettoeinkommen, den Bildungsstand und die berufliche Tätigkeit. Darüber hinaus werden die Befragten mit unterschiedlichen Aussagen zum unternehmerischen Scheitern konfrontiert sowie mit verschiedenen Gründen für unternehmerische Fehlschläge und wie sie diese wahrnehmen.