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Viele Finanz-Startups unterschätzen Kosten für Kundenakquisition
02.07.2019 Seit 2011 sind mehr als 230 Finanz-Startups gescheitert, drei Viertel davon seit Anfang 2017 und besonders viele in Berlin. Die meisten geben aus Geldmangel auf oder weil sie überfordert sind mit der Kundengewinnung.
Zwar gehöre es zum normalen Prozess, wenn junge Firmen auch in boomenden Branchen scheitern, so Sascha Demgensky , Leiter FinTech bei PwC in Deutschland. Doch für Banken und Versicherer, die mit Finanz-Startups zusammenarbeiten, sei es relevant zu wissen, wie weit das Scheitern von FinTechs im Finanzsektor bereits vorangeschritten ist. "Ohne solche Bündnisse kommt heutzutage kein angestammter Finanzdienstleister aus. Schließlich können nicht einmal die ganz großen Player alles selbst entwickeln, wenn sie ihre Prozesse zügig modernisieren oder neue Produkte schnell an den Markt bringen wollen".
Schwieriges B2C-Geschäft
Laut PwC-Kooperationsradar scheitern die meisten Finanz-Startups im dritten und vierten Jahr. Ihren Sitz hatten die meisten in der Startup-Hauptstadt Berlin (74), gefolgt von München (25), Hamburg (21) und Frankfurt (20). 48 Prozent der gescheiterten FinTechs wandten sich mit ihren Produkten und Services direkt an den Endverbraucher. 44 Prozent verfolgten ein B2B-Geschäftsmodell. 70 der gescheiterten FinTechs waren im Bereich "Finanzierung" tätig, bei 53 handelte es sich um sogenannte Proptechs (Finanz-Startups mit Bezug zur Immobilienbranche), es folgen Payment-Firmen (29) und die InsurTechs (Startups aus dem Versicherungsbereich) mit 22 Prozent. Im Investmentsegment - wozu zum Beispiel sogenannte Robo-Advisor gehören - verzeichnet die PwC-Studie 20 Geschäftseinstellungen. Elf verschwundene FinTechs hatten sich auf Dienstleistungen rund um den Bitcoin oder die Blockchain spezialisiert.Teure Kundenakquisition
Den meisten Startups, die scheitern, geht finanziell die Luft aus. Aber es gibt noch andere Gründe: Laut PwC-Experte Demgensky deute der sprunghafte Anstieg der Startup-Pleiten ab 2017 darauf hin, dass unter den gescheiterten Firmen viele Me-too-FinTechs seien, "die irgendwann 2013 oder 2014 auf den Zug aufspringen wollten - und dann feststellen mussten, dass es in ihrem Segment schon Wettbewerber gibt, die schlicht früher dran waren". Im B2C-Segment hätten zudem viele FinTechs schlicht die Kosten für die Kundenakquisition unterschätzt. In lediglich 11 Prozent der verschwundenen FinTechs hatte nachweislich eine Venture-Capital-Firma investiert. Worauf Banken oder Versicherer deshalb laut Demgensky achten sollten: "Wer hat in das FinTech investiert - Profis, oder doch Family und Friends? Darüber hinaus kann ein Anhaltspunkt für eine aussichtsreiche Kooperation sein, wenn ein Startup bereits mehr als fünf Jahre besteht und damit seine Nachhaltigkeit unter Beweis gestellt hat."Die Studie kann hier heruntergeladen werden .