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Ebay kontert auf die heftige Kritik zum neuen Bezahlsystem
18.04.2012 Anfang 2012 hat EBay
sein Bezahlsystem
geändert. Eigentlich mit dem Zweck den Käuferschutz zu verbessern. Nun hagelt es scharfe Kritik. iBusiness hat Ebay gefragt.
Der Händlerbund etwa prangert fünf Nachteile an, die seiner Meinung nach durch die Einführung der neuen Zahlungsmethoden für die Ebay-Händler entstehen. Axel Gronen findet noch einiges mehr, was ihm an dem veränderten Bezahlsystem sauer aufstößt.
EBay sieht die Probleme andernorts. Deutschland-Sprecherin Maike Fuest : "Aus Verkäufersicht stellt ein geringes Käufervertrauen in den Online-Handel sowie den Handel bei eBay ein signifikantes Risiko für die Verkäufer dar." Und dieses Käufervertrauen sollen die Zahlungsbedingungen mit sich bringen.
Die Kritiker bezweifelt dies jedoch. Die Vorwürfe im Einzelnen:
- Erhöhung der Umsatzprovision um zwei Prozent
- Zahlungsabwicklung
Online-Händler ohne etablierte Verkaufshistorie erhalten ihr Geld erst sieben Tage nach dem Versand. Etablierte Händler nach einem Tag. Axel Gronen spricht auf Wortfilter gar davon, dass "die Hauptleidtragenden des neuen Zahlungsverfahrens auf Ebay" die 5,4 Millionen aktiven privaten Käufer sein würden.
Ebay weist diese Vorwürfe weit von sich. Ziel der Einführung der neuen Zahlungsabwicklung sei es, das Vertrauen der Käufer in den Handel auf dem eBay-Marktplatz zu stärken und so die Verkaufschancen der Verkäufer zu erhöhen. "Es ist in keinster Weise unsere Absicht, private Verkäufer im Rahmen der neuen Zahlungsabwicklung zu benachteiligen", heißt es in der Stellungnahme des Online-Marktplatzes. "Unsere Daten zeigen allerdings, dass die Wahrscheinlichkeit, dass bei einer Transaktion ein Problem auftritt, bei Artikeln von privaten Verkäufern wesentlich höher ist als bei Artikeln von gewerblichen Verkäufern mit einer etablierten Verkaufshistorie."
Einen der Hauptgründe dafür sieht EBay darin, dass private Verkäufer vor allem gebrauchte Ware anböten, bei deren Verkauf es häufiger zu Problemen zwischen Käufern und Verkäufern komme als bei Neuware. Deswegen seien die Auszahlungsfristen für private Verkäufer etwas länger als für gewerbliche Verkäufer mit einer etablierten Verkaufshistorie. Im Vergleich zu gewerblichen Verkäufern ohne eine etablierte Verkaufshistorie seien die Auszahlungsfristen für private Verkäufer allerdings kürzer.
- Fehlende Datenschutzerklärung
Der Umgang mit den Kundendaten sei nicht geklärt. Dadurch könne es in den USA zum Verkauf der Daten durch Ebay kommen, befürchtet der Händlerbund und Gronen gleichermaßen.
Eine unbegründete Sorge laut Ebay. Denn mit dem neuen Zahlungsverfahren seien keinerlei Änderungen in der Nutzung und Verarbeitung von Daten gemäß der Datenschutzerklärung des Online-Marktplatzes verbunden. Fuest: "Die persönlichen Nutzerdaten werden unter Einhaltung höchster Sicherheitsstandards und in Einklang mit den Anforderungen des EU-Datenschutzrechtsrahmens erhoben, verarbeitet und gespeichert. Richtig ist, dass die Daten wie zuvor auch in den USA gespeichert werden." Selbstverständlich würden die Daten aber nur unter Einhaltung höchster Sicherheitsstandards transferiert. Die 'Binding Corporate Rules' Ebays würden sicher stellen, dass die Daten in den USA genau den gleich hohen europäischen Sicherheits- und Schutzstandards unterliegen wie in Deutschland. , versichert Ebay.
- Fehlende BaFin-Lizenz
Weder die deutsche Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, noch die luxemburgische CSSF führen Kontrollen durch, ob die Kundengelder richtig zugeteilt werden. "Somit hat Ebay freie Hand und die alleinige Entscheidungsgewalt über mehr als 5 Milliarden Euro Kundengelder deutscher eBay-Nutzer", so die Rechnung des Händlerbunds.
Ebays pariert: "Die in Luxemburg zuständige Finanzaufsichtsbehörde CSSF hat das neue Zahlungsverfahren geprüft und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass es sich nicht um einen erlaubnispflichtigen Dienst handelt."
Auch das von Axel Gronen erhoffte Einschreiten des Bundeskartellamtes bezüglich des neuen Zahlungsverfahrens befürchtet Ebay nicht. Im Gegenteil: "Mit dem neuen Zahlungsverfahren stehen den Käufern eine Vielzahl von Zahlungsmethoden zur Verfügung und der Käuferschutz wurde auf alle Zahlungsmethoden ausgedehnt", versichert Ebay.
- Technische Probleme
Kommt es zur Rückabwicklung einer Warensendung, so muss eine Überweisung des Händlers an eBay erfolgen. eBay überweist dann wiederum den Artikelpreis inklusive Hin- und Rücksendekosten an den Käufer. "Ein reibungsloser Ablauf ist aus Erfahrungswerten sehr zweifelhaft", so die Negativprognose des Händlerbunds.
"Zurzeit ist es so, dass im Rahmen des neuen Verfahrens eine Rückabwicklung in vielen Fällen noch direkt zwischen Verkäufer und Käufer erfolgen muss", räumt Fuest ein. In Kürze wolle Ebay jedoch eine Lösung anbieten, wodurch sämtliche Rückabwicklungen stets über das Ebay-System erfolgen können. Damit solle es dann auch möglich sein, einen Mehrbetrag, etwa aufgrund von Rücksendekosten, zu erstatten. "Wenn die neue Zahlungsabwicklung im Sommer für den gesamten deutschen eBay-Marktplatz eingeführt wird, wird es möglich sein, auch nach Abschluss der Kaufabwicklung Änderungen an der Gesamtsumme vorzunehmen wie zum Beispiel die Versandkostenpauschale beim Kauf mehrerer Artikel von einem Verkäufer.
- Abweichungen von gesetzlichen Bestimmungen:
Axel Gronen bemängelt, dass die Bestimmungen des neuen Zahlungsverfahrens von Ebay erheblich von den gesetzlichen abweichen würden. Denn Normalerweise trage der Käufer bei privaten Verkäufen das Versandrisiko.
"Auch beim neuen Zahlungsverfahren trägt der private Verkäufer nicht das Versandrisiko. Nach den Ergänzenden Geschäftsbedingungen besteht lediglich die Pflicht, Ebay gegenüber den Versand des Artikels in bestimmter Weise nachzuweisen, sofern der Verkäufer behauptet, diesen nicht erhalten zu haben", beschwichtigt Fuest. Dies stelle "grundsätzlich keine Abweichung von den gesetzlichen Bestimmungen" dar, denn auch nach den allgemeinen Regeln des Zivilrechts trage der Verkäufer die Beweislast dafür, dass er den Artikel versendet habe. - Fehlende BaFin-Lizenz
Die Erfolgsaussichten des veränderten Ebay-Bezahlsystems
Das Fazit des Händlerbundes bezüglich des neuen Bezahlsystems von Ebay fällt wenig optimistisch aus: "Das in Deutschland bereits angekratzte Image wird durch das Ebay-Bezahlsystem, dem sogenannten Käuferschutz, wohl kaum verbessert." Schließlich vermutet der Händlerverbund den Grund für die Einführung des Käuferschutzes, in Ebays Absicht, zur derzeit führende Verkaufsplattform in Deutschland, Amazon, aufzuschließen, indem man durch verbesserten Kundenservice Nutzer (zurück) gewinnt. Damit werde EBay dieses Ziel jedoch kaum erreichen können, so der Händlerbund.Ebay hingegen betont die Vorteile: "Gerade in Deutschland haben die Kunden besonders hohe Sicherheitsbedenken beim Online-Einkauf. Mit der neuen Zahlungsabwicklung kann Ebay den Käufern ein noch sichereres und konsistenteres Einkaufserlebnis bieten." Den Käufern stehe so für jeden Artikel die gleiche Auswahl an Zahlungsmethoden zur Verfügung. Unabhängig von der gewählten Zahlungsmethode könne EBay im Rahmen der neuen Zahlungsabwicklung einen vollumfänglichen Käuferschutz für fast alle gekauften Artikel bieten. Erhalte der Käufer den Artikel nicht oder weiche dieser signifikant von der Artikelbeschreibung ab, erhalte der Käufer im Rahmen der neuen Zahlungsabwicklung den Kaufpreis und die Versandkosten von eBay zurück.
EBay beruft sich auf eigens durchgeführte Untersuchungen, welche zeigen, dass die Top-Drei Dinge, die Käufer sich wünschen, um Ebay als einen sicheren Online-Marktplatz wahrzunehmen:
- Die Option ist, das Geld unabhängig von der gewählten Zahlungsmethode zurückzuerhalten
- das Angebot eines EBay-Käuferschutzes
- und direkt an Ebay bezahlen zu können.
An das genaue Gegenteil glaubt hingegen Axel Gronen: "Ich bin überzeugt, dass EBay damit keines der angestrebten Ziele erreichen wird." Und der Händlerbund rechnet gar damit, dass sich die auf Ebay tätigen Online-Händler nach alternativen Verkaufsplattformen umsehen werden und mit ihnen auch die Käufer eBay verlassen würden.
Um herauszufinden, wie die Online-Händler das neue Bezahlsystem bewerten, führt der Händlerverbund derzeit eine Umfrage zu diesem Thema durch. Wichtiger als dieses Ergebnis wird allerdings für die Auktionsplattform sein, ob die Händler Ebay treu bleiben. Und das wird man erst in einigen Monaten sehen.