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Nietsche und toter Fisch

von JanaJ

02.09.1994 Von wegen: Westliche Kultur. Die Unterschiede zwischen Deutschen und US-Amerikanern könnten kaum größer sein.

Besonders fällt das auf, wenn man sich ansieht, wie beide Kulturen mit Innovationen umgehen. Ein Amerikaner ist immer irgendwie begeistert von dem Produkt, das er verkaufen will. Ein Deutscher ist immer irgendwie betroffen. Ein Amerikaner sucht in einem Produkt seinen Nutzen. Ein Deutscher den Sinn des Lebens. Ein Amerikaner verkauft Sushi und schwärmt davon. Der Deutsche verkauft totgeschlagenen kalten Fisch und schaut dabei entsprechend.

Weil man sich vor Verallgemeinerungen hüten muss (wir wissen schließlich: "Alle Verallgemeinerungen sind falsch"), unterstelle ich gerne, dass nicht jeder Deutsche immer zum Lachen in den Keller geht. Ja, es soll sogar Geschäftsführer von deutschen Hightech-Unternehmen geben, die die Produkte, die sie herstellen, richtig gut finden und sich dafür NICHT entschuldigen.

Allerdings: Meine Positivunterstellung kommt ein wenig ins Wanken, wenn ich die Diskussion verfolge, die gegenwärtig an den verschiedenen Orten über die Zukunft multimedialer Netze geführt wird. In den USA diskutieren dabei Umsatz-, in Deutschland Bedenkenträger: In Amerika besteht ein prinzipieller gesamtgesellschaftlicher Konsens über die Chancen des "Superhighway". Es herrscht eine (für Europäer schwer nachvollziehbare) Aufbruchstimmung, die nur vergleichbar ist mit dem "Wettlauf zum Mond" Anfang der 60er Jahre. Diskutiert wird über Online-Universitäten für jedermann, über die "virtuelle Kongressbibliothek in jedem Haushalt".

In Deutschland hingegen argumentiert Meinungsmacher "Spiegel" anlässlich der Otto-CD-ROM-Vorstellung damit, dass niemand Onlineshopping benötige, weil es ja so viele Einzelhändler gäbe, für unseren Bundeskanzler fallen Datenautobahnen in die Verantwortung der Bundeshochwasserministerin und das einzige, was dem deutschen Chef von BMG Ariola Thomas M. Stein ‘Thomas Stein’ in Expertenprofilen nachschlagen pfründesichernd zu Multimedia einfällt, ist der Ruf nach Reglementierung und dem Staat.

An der zwischen Unverständnis, Ignoranz und Ablehnung pendelnden öffentlichen Meinung sind die deutschen Multimediaprofis nicht ganz unschuldig -- wobei nicht der immer noch weit verbreitete Versuch gemeint ist, interaktive Medien im Verkaufsüberschwang als etwas darzustellen, was (vielleicht bis auf Kinderkriegen) einfach alles kann. Was ich vielmehr meine, ist die vielerorts zu beobachtende völlige visionäre Enthaltsamkeit, die bis in die Wortwahl hineinreicht.

Als guter Deutscher zitiere ich Nietsche: "Der Kampf um die Macht wird ein Kampf um die Macht im Bereich der Sprache sein". In den USA wird über den "Communication Highway" diskutiert. In Deutschland über die "Datenautobahn". Der Unterschied zwischen beiden Diskussionen liegt in der jeweiligen Wortbedeutungen und den mit ihnen transportierten Bildern. "Communication Highway", das ist Freiheit, Weite und vor allem: Kommunikation -- also positiv belegte Begriffe. "Datenautobahnen", das ist Stau, Luftverschmutzung, Landschaftsraubbau und Großer Bruder.

Ich halte fast jeden anderen Begriff -- sei es "multimediales Kommunikationsnetz" oder selbst den Anglizismus "Communication Highway" nicht nur für marketingpolitisch besser, sondern auch für präziser als die dröge "Datenautobahn". Schließlich geht es bei multimedialen Services, interaktivem Fernsehen und Bildkommunikation tatsächlich um "Kommunikation". Also um Interaktivität, um die kontinentübergreifende Verbindung zwischen Menschen, um den freien Zugriff auf jede Form von Information, und nicht um trockene und abstrakte "Daten". Die Multimediabranche steht an der Spitze einer technologischen Entwicklung, die die Welt in den nächsten zwanzig Jahren grundlegend verändern wird. Deshalb sollte man denen, die nachfolgen sollen, mehr bieten als nur trockene Zahlen und kalten Fisch.

Ein bisschen Vision, Lebensgefühl, Begeisterung und Sushi darf es schon sein.
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