Kommentiert: Elon Musk und sein DeppGPT - Die KI mit der großen Klappe
06.11.2023 Hatte Elon Musk noch angekündigt, seine KI 'Grok' werde in "wichtigen Aspekten das Beste (sein), das es derzeit gibt", so hat er dieses Versprechen nach dem Produktstart fix gedowngraded. Und führt dafür zwei Entschuldigungen ins sozial-mediale Feld.
Entwickelt hat Grok ein Team aus Experten, die von Unternehmen wie Microsoft und Google abgeworben wurden. Langfristiges Ziel der KI sei es, die "die Natur des Universums zu verstehen". Noch sollte man sich aber nicht in eine von Grok navigierte SpaceX-Rakete schwingen, da die Anwendung, wie die Entwickler zugeben, noch hinter gängigen Konkurrenzprodukten wie ChatGPT4 zurückbleibe: So erreicht Grok 1 in Benchmarks-Tests zur KI-Evaluierung wie etwa HumanEval einen Score von 63,2 Prozent (zum Vergleich: ChatGPT-4 liegt bei 94) und 73 Prozent bei MMLU (ChatGPT-4: 87).
Diese Werte lassen sich nun schwer mit dem tieferen Verständnis des Universums vereinbaren, das Grok anstrebt, zumal die (noch) überlegenen ChatGPT und Co ja selbst weit von diesem hohen Ziel entfernt sind. So zieht sich Musk auf zwei relativierende Entschuldigungen zurück: Zum einen habe man ja mit gerade mal zwei Monaten nicht viel Zeit für das Training gehabt, zum anderen sei Grok bewusst als witzige KI konzipiert, die Fragen mit Humor beantworte und daher sollte man von dem Produkt bei Abwesenheit desselben tunlichst die Finger lassen. Nun ist Musk berüchtigt dafür, dass er nicht nur auf den Mars, sondern auch witzig sein will (gut dokumentiert bei Wired ,Le Monde oder der Washington Post ) - da Humor aber ein zweifelhaftes Alleinstellungsmerkmal für eine neue KI-Anwendung ist, könnte das ganze auch eine Ausrede sein: Die vermeintlich schrägen Antworten können verbergen, dass der unausgereifte Algorithmus schlicht nicht geradeaus antworten kann. So hat die deutsche Satireseite 'Der Postillon' mit Depp GPT schon seit Frühjahr einen auf OpenAI-Software basierenden Chatbot, der Gags verbreitet.
Musk behauptet indes, Grok unterscheide sich von anderen Chatbots dadurch, dass es aktuellere Infos besitze. Das demonstrierte er in einem Tweet damit, dass Grok vermeintlich wusste, welches Outfit Musk bei einem aktuellen Interview getragen habe. Da dies streng willkürlich und selektiv ist, beweist es wenig - außer dem Narzissmus seines Chefs. Und so ist es wahrscheinlich dass sich Grok, abgesehen von den humoristischen Intentionen, vor allem durch die Tonalität von anderen Produkten unterscheiden wird: Musk hat Twitter mit dem messianischen Anspruch gekauft, die Meinungsfreiheit zu retten - und die Plattform einem massiven Rechtsruck unterworfen. Da Chatbots nun wesentlichen Einfluss auf den medialen Diskurs ausüben, dürfte Musk auch hier einen Fuß in der Tür haben wollen. Es ist zu erwarten, dass er xAI als Sprachrohr einer subjektiv gefühlten, von den "liberalen Mainstreammedien" unterdrückten Wahrheit begreifen und ausgestalten wird.
So bleibt xAI/Grok bis auf weiteres ein hastig hingeworfenes Konkurrenzprodukt zu überlegenen Anwendungen, das sich vor allem durch die vollmundigen Ambitionen seines Machers abgrenzt. Musks Verweise auf Humor und das Durchschauen des Universums als Merkmale des Chatbots lassen indes auf ein eher oberflächliches, magisches Verständnis von KI schließen als auf ein wissenschaftliches. Ob es ChatGPT in Sachen Textgeneration oder DeppGPT in Sachen Humor das Wasser reichen kann, werden die kommenden Update-Zyklen zeigen. Lassen sie das auf sich wirken .