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Studie ECommerce-Verweigerer: Was Deutsche online nie kaufen würden
11.01.2019 Da ist alles Onlinemarketing vergebene Liebesmüh': Zwei von fünf Deutschen würden im Onlinehandel keine Lebensmittel und auch kein Auto kaufen. Auch bei anderen Produkten existieren Nur-Offline-Käufer, wie unsere ECommerce-Verweigerer-Studie ergeben hat. Selbst bei scheinbaren Online-Selbstläufern.
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Immerhin noch jeder Dritte lehnt es prinzipiell ab, Brillen oder Kontaktlinsen im Web zu kaufen. Das sind die Ergebnisse einer bevölkerungsrepräsentativen Erhebung, die das Marktforschungsinstitut Splendid-Research exklusiv im Auftrag von iBusiness durchgeführt hat.
Auch wenn der ECommerce-Umsatz in Deutschland von Jahr zu Jahr weiter wächst, existieren offensichtlich in vielen Branchen Kundensegmente, die Marketer mit Onlinemaßnahmen nicht oder zumindest nur sehr schwer erreichen. Trotz boomendem Onlinemodehandel sagt mehr als jede fünfte Frau und jeder sechste Mann, dass sie Kleidung online nie kaufen würden. Bei Schuhen sind es kaum weniger.
Noch höher ist in Deutschland der Anteil der ECommerce-Verweigerer bei Luxusgütern wie beispielsweise Schmuck oder Uhren. Hier sind vor allem die Frauen Fans vom Offline-Kauf: Jede Vierte besteht ausschließlich auf die Beratung und die Auswahl im Ladengeschäft. "Shopping gehen" ist den Studienergebnissen zufolge wohl eher eine weibliche als eine männliche Tätigkeit.
Interessant: Auch bei klassischen Onlineprodukten wie Unterhaltungselektronik oder Medien wie Büchern gibt es harte Onlineverweigerer. Hier zählt jeder siebte zu dieser Gruppe. Am wenigsten Verweigerer gibt es bei Markenartikeln. Knapp neun von zehn Bundesbürgern haben kein Problem, sie im Onlineshop oder auf einem Onlinemarktplatz zu erwerben.
Vergleicht man die Antworten nach Altersgruppen, Einkommensklassen und Familienstand der Befragten, so fällt auf, dass es nur ganz wenige signifikante Abweichungen gibt. So haben Ältere deutlich mehr Vorbehalte, Lebensmittel online zu kaufen als Junge.
Gutverdienende wiederum haben unterdurchschnittlich oft Probleme mit dem Lebensmittel- und dem Autokauf online - die Zahl der Online-Verweigerer ist jedoch in den oberen Einkommensschichten vor allem bei Kleidung und Möbeln sehr hoch - nicht jedoch bei Luxusartikeln. Standard-Luxusartikel scheinen in den oberen Einkommensschichten deutlich eher online gekauft zu werden als Produkte, bei denen Maßanfertigung möglich (und im Hochpreissegment auch üblich) ist.
Nicht nur ECommerce-Verweigerer: Auch Werbeverweigerer gibt es viele
Ausgeprägter als im Onlinehandel ist die Verweigerungshaltung der deutschen Bevölkerung beim Marketing: Etwa ein Viertel der deutschen Bevölkerung zählt zu den sogenannten Werbeverweigerern, verbietet also die Zustellung von Prospekten und/oder kostenlosen Wochenzeitungen über einen Aufkleber oder ein Schild am Briefkasten beziehungsweise am Haus oder über einen Eintrag in eine Verbraucherschutzliste. Doch Werbeverweigerer stehen mit Prospekten auf Kriegsfuß, nicht aber mit Werbung im Allgemeinen - das hatte das IFH Köln in seiner Studie Zielgruppe Werbeverweigerer im Herbst 2018 analysiert.Diese Studie hatte Werbeverweigerer in fünf Typen unterteilt:
- Der convenienceorientierte Impulskäufer lehnt Werbung ab, da er lieber das kauft, worauf er Lust hat, ohne zu planen.
- Der urbane Singlekäufer lehnt Werbung ab, da er viele kleine Einkäufe für sich alleine in fußläufig erreichbaren Geschäften tätigt.
- Der suburbane Schnäppchenjäger zieht Bonuskarten und Angebote am POS Werbung vor, um den günstigsten Preis zu bekommen.
- Der umweltbewusste Digitalist lehnt Printprospekte aus Umweltschutzgründen ab und nutzt stattdessen digitale Prospekte.
- Der imageorientierte Geltungskonsument empfindet Prospekte als einschränkend und nicht hochwertig genug.
Wie gefährlich es ist, Kundenwünsche nach Kauf- oder Kommunikationskanal einfach durch ein "mehr davon" zu übergehen, hatte erst im November iBusiness analysiert ('Online-Werbung: Wieso sich Marken zerstören, wenn sie Adblocker umgehen' . Der Hintergrund: "Adblocker-Traffic ist wertvoll und zählt in vielen Kampagnen inzwischen zum leistungsfähigsten Audience-Segment" konstatierte vor kurzem eine Pressemitteilung der Virtual-Minds-Gruppe , die ein Gemeinschaftsprodukt von Supply-Side-Plattform Yieldlab , Anti-Adblocking-Lösung Tisoomi und der Demand-Side-Plattform bewarb.
Tatsächlich: "Adblockende Nutzer sind die wohl attraktivste Zielgruppe schlechthin", bestätigt der deutsche Media-Guru und Mitbegründer der Media-Agentur TKD
, Thomas Koch
: "(Sie sind) jung, männlich, (besitzen) hohe Bildung und Einkommen - und sind schwer zu erreichen." Und nicht ohne Ironie liefert Thomas Koch auch die Begründung dafür: "weil sie so schlau sind, Werbung online zu blocken. Aber gleichzeitig (sind sie) stark überproportionale Online-Nutzer." Eine Zielgruppe also, nach der sich Advertiser die Finger lecken sollten. Wäre da nicht der immanente Nachteil, dass sie nun einmal Werbung verabscheuen. Für den nie um klare Worte verlegenen Thomas Koch ist das Konzept, Werbung an Werbeverweigerer auszuspielen "eine mittlere Kommunikations-Katastrophe". Wenn Menschen keine Werbung wollen, "muss man das respektieren".
Für die ECommerce-Verweigerer gilt das genauso: Hersteller wie Händler sollten auch hier die Vorlieben der Kunden akzeptieren und ihnen einen anderen Kaufkanal anbieten. Sei es in einer eigenen Filiale, im eigenen Flagship-Store
, einem Shop-in-Shop-System
bei einem Präsenzhandelspartner oder per temporärem Popup-Store
.
Die Ermittlung, welche Menschen eher ECommerce-Verweigerer sind, gestaltet sich vergleichsweise einfach, weil es innerhalb der demografischen Gruppen nur wenige signifikante Unterschiede gibt:
- Signifikant mehr Ältere (Altersgruppe 60 bis 69 Jahre) lehnen Lebensmittelkauf online ab (55 Prozent gegenüber 43 Prozent gesamt)
- Spielzeug wird von Familien mit kleinen Kindern (0 bis 5 Jahre) deutlich weniger online gekauft (Verweigerer-Anteil 22 Prozent gegenüber 11 Prozent gesamt)
- Bei Brillen und Kontaktlinsen ist bei Familien mit Teenagern (11 bis 15 Jahre) die Online-Verweigerergruppe nur halb so groß
- Stark abweichend ist das Kaufverhalten in der obersten Einkommensklasse. Bei einem Haushaltsnettoeinkommen von über 7.500 Euro monatlich ist der Anteil der ECommerce-Verweigerer bei Lebensmitteln, Luxusartikeln und Auto/Motorrad um die Hälfte bis zwei Drittel niedriger als in der Gesamtbevölkerung. Umgekehrt verweigern bei Modeartikeln und Möbeln die Gutverdienenden doppelt so oft den Onlinekauf wie die Gesamtbevölkerung