Zum Dossier 'Temu-Strategie'
Digitalisierung kommt in der öffentlichen Verwaltung nicht an
07.11.2018 Die Nutzung digitaler Verwaltungsangebote ist im Vergleich zum Vorjahreszeitraum rückläufig. Insgesamt nutzten 40 Prozent der Onliner in Deutschland in den vergangenen zwölf Monaten mindestens einmal E-Government-Angebote. 2012 waren es noch 45 Prozent. Das ist ein Ergebnis des EGovernment Monitor 2018 von Kantar TNS .
Grundsätzlich zeigt sich besonders in Deutschland eine dauerhafte Diskrepanz bei der Nutzung: Zwar kennen viele Onliner die Möglichkeit zur digitalen Abwicklung von Verwaltungsdiensten (z. B. elektronische Steuererklärung) und bekunden ihr Interesse daran, die tatsächliche Nutzung liegt jedoch deutlich darunter. Könnten sich die Befragten aussuchen, auf welchem Weg sie ihre Behördengänge abwickeln, stehen entgegen der momentanen Praxis in allen Vergleichsländern das Internet bzw. Online-Formulare an erster Stelle, knapp vor dem persönlichen Behördengang. Gerade Standard-Anliegen möchten die meisten Menschen übers Internet erledigen. Bei beratungsintensiven Leistungen (z. B. Einreichen von Bauanträgen) dagegen wünscht sich der Großteil nach wie vor einen persönlichen Kontakt.
Das Marktzahlen-Archiv ist ein Premium-Service von iBusiness. Werden Sie Premium-Mitglied, um dieses Chart und viele tausend weitere abzurufen.
Jetzt Mitglied werdenDie Hauptgründe für die geringe Nutzung von E-Government bleiben bestehen. Am häufigsten scheitert diese an der mangelnden Bekanntheit der Online-Angebote, wobei sie mittlerweile bereits jeder zweite Onliner kennt. Auch die fehlende Verfügbarkeit der benötigten Services sowie die mangelnde Durchgängigkeit (also die Möglichkeit zur kompletten digitalen Abwicklung eines Dienstes) verhindern eine intensivere E-Government-Nutzung. Insgesamt ist eine positive Entwicklung zu beobachten: Nahezu alle betrachteten Nutzungsbarrieren nehmen im Vergleich zum Vorjahr ab.
Ein Nutzerkonto für BürgerInnen findet aktuell noch keine flächendeckende Akzeptanz. In diesem könnten die BürgerInnen künftig dem Staat nach dem Once-Only-Prinzip Zugriffsrechte gewähren, statt Unterlagen stets aufs Neue einzureichen. Die Behörden könnten bei Bedarf und nach expliziter Zustimmung auf die im Konto gespeicherten Unterlagen und Dokumente zugreifen. Doch die BürgerInnen zeigen sich in allen drei Vergleichsländern skeptisch. Je persönlicher und sensibler die Dokumente, desto geringer ist die Bereitschaft, diese zu hinterlegen. Bei der Speicherung privater Dokumente würde sich nicht einmal jeder Dritte wohlfühlen. Vor allem medizinische Unterlagen, z. B. Befunde, möchten die Befragten eher nicht auf einem zentralen Bürgerkonto hinterlegen.
Von der Ausgestaltung eines Nutzerkontos haben die BürgerInnen klare Vorstellungen. Wichtigste Funktion ist dabei die Transparenz: Sechs von zehn Onlinern wünschen sich, jederzeit sehen zu können, welche Behörde wann auf welche Dokumente zugegriffen hat. Knapp die Hälfte möchte unterschiedliche Zugriffsrechte je nach Behörde vergeben. Reizvoll erscheint den Befragten zudem eine automatische Benachrichtigung bei Fristen oder ablaufenden Dokumenten und teilweise sogar bei neuen Behördendiensten. Diese wünscht sich die überwiegende Mehrheit per E-Mail.
Digitale Assistenten (Ausfüllhilfen, Bots, Algorithmen oder auch intelligente Systeme) sind bislang nur in wenigen Behörden im Einsatz, könnten zukünftig aber vermehrt E-Government-Angebote unterstützen. Rund 80 Prozent der Befragten können sich vorstellen, digitale Assistenten zur Abwicklung von Behördengängen oder zur Themensuche auf den Behörden-Webseiten zu nutzen, das gilt für alle drei Länder. Zustimmung erhalten insbesondere automatische Korrekturhilfen beim Ausfüllen von Dokumenten. Geht es jedoch um automatisierte Prozesse oder autonome Entscheidungen durch die digitalen Assistenten, z.B. die Bewilligung von Anträgen, so sinkt die Zustimmung deutlich auf gerade einmal ein Drittel.
Weder die Online-Ausweisfunktion (eID-Funktion) des Personalausweises in Deutschland noch die Handy-Signatur bzw. Bürgerkartenfunktion in Österreich bzw. die SuisseID in der Schweiz können sich bislang durchsetzen. Am besten ist das österreichische Identifikationsverfahren etabliert, das bereits 37 Prozent nutzen können. Über eine SuisseID verfügen, nach einem deutlichen Anstieg im letzten Jahr um 12 Prozentpunkte, aktuell 23 Prozent der Onliner. Die eID-Funktion des deutschen Personalausweises haben 22 Prozent freigeschaltet.
Wie aber würden sich die BürgerInnen im Internet gerne bei ihren Behörden identifizieren? Die bevorzugten Möglichkeiten sind die gleichen, wie auch bei privaten Internetaktivitäten. Hier identifizieren sich die Onliner am häufigsten mittels Benutzername und Passwort, an zweiter Stelle folgt das PIN/TAN-Verfahren. Das sind genau die digitalen Identifizierungsverfahren, die sich die Onliner aller drei Länder am häufigsten für ihre digitalen Behördendienste vorstellen können.
Das Marktzahlen-Archiv ist ein Premium-Service von iBusiness. Werden Sie Premium-Mitglied, um dieses Chart und viele tausend weitere abzurufen.
Jetzt Mitglied werden