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KI in Unternehmen: Der weite Weg vom Hype zur Strategie
26.02.2024 Wie weit sind Unternehmen und Agenturen bei der Integration von Künstlicher Intelligenz: Die Otto-Gruppe, zwei Professoren, die KMUs coachen, und Agenturchefs geben Einblicke.
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Deutschlands Unternehmen sind noch nicht so weit - und das ist natürlich und gut so, solange man sich nicht zu sehr ausruht.
Deutschlands KMUs: Die Kleinen und nicht so Kleinen ringen mit dem Rattenschwanz der KI
Agenturen und ihre KundInnen sitzen im gleichen künstlichen intelligenten Boot: Wie bekommt man die KI sinnvoll in die Prozesse, ohne zu viele Baustellen aufzumachen - denn immerhin, so Gabriel Beck, mangele es gerade branchenübergreifend an den MitarbeiterInnen, um nur das Tagesgeschäft zu stemmen: "Da muss man aufpassen, dass man nicht untergeht."Man probiert also aus: "Aktuell befindet sich Microsoft Copilot bei uns im Teststadium. Wir sehen auch, dass sich Kunden mit dem Einsatz von KI-Tools beschäftigen, um ihre Herausforderungen zu lösen", sagt Carsten Meyer-Heder , Gründer und geschäftsführender Gesellschafter beim team neusta GmbH . "Hier kommt es unserer Ansicht nach auf einen engen Austausch und fundierten Beratungsprozess an."
Ein Segment, in dem man sich besonders den Kopf zerbricht, was man mit KI anstellen soll, scheint aktuell der Mittelstand zu sein. So stellt Professor Doktor Michael Klotz eine große Nachfrage nach Coachings und Hilfestellungen bei den kleinen und mittleren Unternehmen fest. Michael Klotz lehrt Organisation und Informationsmanagement an der Hochschule Stralsund . Dort hilft man mit dem Projektpartner Mittelstand-Digital Zentrum Rostock vor allem KMUs bei der Digitalen Transformation - also natürlich auch mit dem Thema KI: "Wir konzentrieren uns aktuell in Online- und Präsenzveranstaltungen auf ChatGPT ; damit experimentiert hat ja wohl schon jeder, aber es kommt natürlich auf das Promptengineering an, da statten wir dann die KMUs mit entsprechenden Kompetenzen aus", sagt er. Neben Übersetzer-KIs wie etwa DeepL sei das der niedrigstschwellige Einstieg, den man bieten kann. "Die Unternehmer wollen dann vor allem wissen, was eine generative KI über ihre Firma schreibt - oder wie man sie werbliche Texte verfassen lässt, das zeigen wir ihnen dann."
Richtig anstrengend wird es, wenn Michael Klotz den Unternehmen die Details nahebringt, die so eine KI-Implementierung mit sich bringt. Langfristig muss man sich da Fragen stellen, die nicht nur unzählige, lästige Kleinigkeiten betreffen, sondern man muss auch die Technologie fünf Jahre in die Zukunft verlängern - also sich um eben jene Zeit weiterentwickelt vorstellen, die es eben benötigt, eine Strategie zu implementieren: "Da stellen sich Fragen nach der benötigten Rechenleistung: Hat man die? Kauft man die ein? Bei wem und wo? Wer kümmert sich um das Change Management und wer um die Data Governance?"
Aktuell sind aber kaum Firmen soweit, eine wirklich strategische Planung anzugehen, doch "wir bauen unser Coaching-Angebot in dieser Hinsicht gerade aus. Unlängst ist ein größeres Unternehmen an das Mittelstand-Digital Zentrum Rostock, in dem wir Projektpartner sind, herangetreten mit dem Wunsch, eine KI-Strategie entwickeln zu lassen."
Der Fall Otto: Herumexperimentieren auf Global-Player-Niveau
Auch große Player sind noch nicht am Ziel angekommen - sie nehmen sich absichtlich ihre Zeit: So hat man bei der Otto Group bewusst nicht damit losgelegt, erstmal eine 20seitige Strategie zu verfassen, die schlimmstenfalls überholt ist, bevor sie fertiggestellt wird. Stattdessen verfolgt das Unternehmen einen Experimentieransatz, der "auf Motivation und Partizipation ausgelegt ist", erklärt Senior Digital Communications Consultant Marina Lenz . Aktuell setzen die MitarbeiterInnen versuchsweise eine KI ein, die es erlaubt, Dokumente nach Informationen zu befragen, Weihnachten wurde ein Bildgenerator implementiert, es gibt beim Sublabel Bon Prix einen Markensprachen-Converter, der Marketingtexte automatisiert in das Wording der spezifischen Unternehmenssprache überträgt.
Man entwickle bei der Otto Group derzeit "Prozesse und Tools, die den Arbeitsalltag leichter und das Kundenerlebnis besser machen. Perspektivisch suchen wir nach konkreten kundennahen Use-Cases, auf die wir uns fokussieren", sagt Marina Lenz. Eine Pflicht, die KI-Tools zu nutzen, besteht nicht, man setzt darauf, dass das Experiment eine Eigendynamik entwickelt: "Erfahrungen, die in einer Konzerngesellschaft oder einem Bereich sammelt werden, können auch in anderen genutzt werden."
Neben internen KI-Features arbeitet die Gruppe auch an Funktionen für die EndkundInnen: So steht bei Baur die Implementierung der KI-gestützten Suchfunktion 'Search Buddy' für die KundInnen an, die die Suche nach passenden Produkten vom verknappten Keyword-Stakkato befreien soll. Stattdessen sollen KäuferInnen nun anhand ganzer Sätze wie "Was kann ich meiner Mutter zum 60sten Geburtstag schenken" Inspirationen erhalten. Diese Innovationen werden aber homöopathisch und langsam integriert, denn auch für den Kunden oder die Kundin ist KI ein gewisses Neuland: "Wir haben uns daran gewöhnt, via Google mit kurzen und knappen Stichworten zu suchen, nun bedeutet die Option, einfach Fragen an eine KI zu stellen, auch einen Umlernprozess." Deshalb werde das Feature 'SearchBuddy' prominent in die etablierte Suche im Baur-Onlineshop integriert, nicht versteckt auf einer Unterseite, damit KundInnen eingeladen werden, es in Anspruch zu nehmen.
Die Rückkehr der nicht-künstlichen Intelligenz
Aus all diesen Versuchen, Testläufen und Experimenten in engem Austausch mit der Belegschaft will die Otto Gruppe dann eine Art Substrat erstellen: Eine Auswahl der erfolgversprechenden KI-Tools, die man weiterverfolgen wird. Man wolle sich bewusst auf ausgewählte Tools konzentrieren, statt jedem KI-Hasen hinterherzurennen. "Und das wird dezentral passieren, vor Ort und in den Abteilungen, die selbst am besten wissen, was für sie und ihre KundInnen funktioniert", sagt Marina Lenz.Otto macht damit etwas vor, so die KI-Expertin an der Berlin University of Applied Science , Professorin Claudia Bünte : "Die Großen haben einen Plan und benötigen in der Regel keine BeraterInnen, Geld und Ressourcen sind vorhanden." Nach Hilfe suchen eher die KMUs, die ahnen, dass sie sich nun bewegen müssen: "Hier sehen wir aber auch einige Hidden Champions, die noch nicht genau wissen, wie sie das Thema angehen sollen." Insgesamt, so Claudia Bünte, beobachtet sie bei den Firmen aller Größen ein Verhalten, das "gut zum Hype-Ende um KI passt: Man weiß der Terminator steht nicht vor der Tür, man weiß, KI kann etwas, aber eben nicht alles - der gesunde Menschenverstand ist zurück."